Eine Erzählung von Klaus Kempf nach einer wahren Begebenheit im Sommer 1947.
Ein fünfteiliger Krimi mit Dialogen in Grüber Mundart, die Namen sind nicht frei erfunden.
„Ein Prosit, ein Prosit …“ dröhnt es durch das Vereinszimmer beim Rose. Wir heben unsere Gläser und der Adolf plärrt:
“ Aufn neua Schbordpladz!“
„Jawoll, aufn neua Schbordbladz!“ gröle ich zurück und genehmige mir einen kräftigen Schluck. Ich schaue mich in der Wirtsstube um. An der Tür prangt ein Schild: „Geschlossene Gesellschaft“ steht drauf. Wir sind also unter uns.
„Haid is ä aa dou, dä Abodeigä,“ stelle ich schmunzelnd für mich fest, „äs gibd ja schließlich wos ümsünsd.“
Auch sonst fehlt niemand aus der Vorstandschaft und einige „dadgräfdicha Midgliedä“ ergänzen die Runde.
Der Vereinswirt schleppt gerade das zweite Fass Bier herein, als der Vorstand mit seiner Tischglocke für Ruhe sorgt.
„Wall ä grad dou is möchd ich mich im Naama vam Värain herzlich baim Verainswerd bedang fä des Fraibier un die zwää Gens, die ä schbendierd hodd.“
„Bravo, bravo Heiner!“
Die Krüge gehen erneut in die Höhe und Adolf stimmt „Hoch soll er leben“ an. Mein Sitznachbar Rudolf – a aldä Bruäzler – kann sich einen Kommentar nicht verkneifen und brummt zu mir rüber: „Dös is ja wol äs wengsda, wu miä na die ganzn Baamä aa noch glee gemachd ham.“
Die Glocke am Vorstandstisch ertönt wieder und der Vorsitzende erhebt sich. Daa schded dach sonsd bluäs bai eener Tuädnehrung auf!
„Manner, liebe Vereinsmidglieder,“ er macht eine Kunstpause, „bävuä mä zum gämüdlichn Dääl über genn, will ich euch noch vüälaas, wos mä äs Landratsamt gschriem hodd.“
In der Wirtsstube wird es mucksmäuschenstill. Der Vorstand holt ein Blatt Papier aus seiner Mappe und beginnt mit erhobener Stimme bedächtig vorzulesen.
„In der Strafsache widerrechtliche Fällung von acht Erlen in Grub am Forst, Flurstück Ääla, ergeht folgender Bescheid: Da trotz eingehender Befragung zahlreicher Zeugen die Täter nicht ermittelt werden konnten, wird die Angelegenheit nicht weiter verfolgt.“
Kaum hat er die letzte Silbe ausgesprochen, da platzen mir fast die Trommelfelle. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll ertönt um mich herum. Man hätte sein eigenes Wort nicht verstehen können. Das gilt allerdings nicht für Sportfreund Adolf. Der springt auf, fuchtelt jubelnd mit den Armen in der Luft herum und rennt dann auf der Bürgermeister zu. Der weiß kaum, wie ihm geschieht, als ihm Adolf überschwänglich um den Hals fällt.
„Ölla ham dichd khaldn, ölla ham dichd khaldn!“ Seine Stimme dringt sogar durch das Toben der Menge hindurch.
Dou hod er woll dach merra Schiss khoud, wie er zu wöll gab hod, wenn er sich jedz su jammerlich frääd!
Adolf setzt nun im Jubeltaumel seine Umarmungsorgie fort und wir tun es ihm schließlich gleich. Der Vorsitzende steht immer noch an seinem Platz und sieht ganz gerührt zu, wie sich die gesamte Vorstandschaft in den Armen liegt.
Als wir uns wieder einigermaßen beruhigt haben, greift er zur Tischglocke und verkündet mit strahlender Miene triumphierend:
„Äs kümmd noch besser!“
Gespannt richten sich aller Augen auf den TSV-Vorstand. Selbst Adolf hat sich wieder beruhigt.
Albin zieht demonstrativ wichtigtuerisch langsam ein gefaltetes Blatt aus seiner Mappe, klappt es aus einander und hält es hoch. Ein paar Sekunden – miä kümmds bal vüä wie a Minudn- schweigt er dazu. Aa wäss, wie märs schbannend machd.
Dann beginnt er mit einem breiten Grinsen erst ganz leise:
„Dös is haid früh kumma.“
Er wedelt leicht mit dem Papier in der Luft. Dann platzt es aus ihm heraus und er brüllt:
„Unnä Bauandraach is gänehmichd!“
So entstand nach und nach der „Sportplatz Rose“ mit Weitsprunganlage und Aschenbahn, der Füllbach wurde verrohrt.
Und wieder bricht die Hölle los. Hilde, die heute wiederbedient, steht lachend an der Tür und schüttelt mit dem Kopf, als sie sieht, wie ein Haufen gestandener Mannsbilder durcheinander schreit, umher hüpft, sich gegenseitig auf die Schultern klopft und in den Armen liegt.
Wenn ich`s rachd gsahn hou, hodd sa mä däbai a weng zugäblinzld.
Wenig später hat Hilde alle Hände voll zu tun, um Gänsebraten, Klöße und Blaukraut aufzutragen. Während des Festschmauses fällt mir mein Verhör in der „Gämeeschdumm“ wieder ein, wie mir der „Ribbndrobb“ so spindeldürr gegenüber saß und so sage ich schmunzelnd zu meinem Nachbarn Rudolf: „Aichndlich heid mä in Ribbndrobb zu die Gäns ai müss loud dess ä aa wos auf saina Ribbn grichd.“
Das ist natürlich ironisch gemeint und ich grinse bei dem Witz meinen Sportsfreund an. Dieser scheint jedoch keinen Sinn für meinen Humor zu haben, denn er gibt trocken zurück:
„Ham sa dach gemachd. Ouä ar hodd sich ned wöll loss saah. Ich hou na vurra gsahn, wie ä grad mid sain Eemerla naus is.“
Geschrieben im März 2016
Das ist das Ende des ersten Grüber Dadords.
Teil 1, 2, 3 oder 4 verpasst?!
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